"Fliegende" Atemluftflaschen
Gewalteinwirkung auf den Flaschenkörper
Beschädigung durch Trümmer
11.09.2001. New York (USA). Auf dem rechten Bild sehen Sie eine stark beschädigte Kohlefaserflasche der Fa. Scott. Die Beschädigung der Flasche wurde durch ein Bauteil des einstürzenden World Trade Centers verursacht. Der Feuerwehrmann wurde tödlich verletzt.
Foto: Björn Lüssenheide (Januar 2003, FDNY Museum)
"Fliegende" Atemluftflaschen
Vorfall 9
(bl) Krauchenwies (BW). November 2017. Nach einer Übung kam es zu einem Unfall mit einem Atemschutzgerät. Während der Geräteprüfung löste sich ein Bauteil des Atemschutzgerätes (Anm. der Redaktion: Weitere Details liegen derzeit noch nicht vor). Die unter Restdruck stehende Flasche flog durch die Fahrzeughalle und touchierte einige Feuerwehrleute. Drei Kameraden erlitten Blessuren an den Beinen. Ein Feuerwehrmann zog sich eine schwere Beinverletzung zu. Die Kameraden wurden in ein Krankenhaus gebracht.
Quelle: Feuerwehr-Magazin
Vorfall 8(bl) 19. November 2015 - Großbrand - Flaschenwechsel - fliegende Atemluftflasche. Schkeuditz (Sachsen). Brand einer Lagerhalle. Während des Einsatzes wurden vor Ort Flaschen gewechselt. Als ein Feuerwehrmann den Blindstopfen einer vollen 200bar-Flasche abdrehte, entwich die Luft schlagartig und setzte die Flasche in Bewegung. Glücklicherweise wurde niemand verletzt.
Quelle: Sebastian Decke, Feuerwehr Dölzig
Vorfall 7
(bl) Herrsching (Bayern). Am 14.08.2010, gegen 01:00 Uhr kam es zu einem Ventilabriss während einem Flaschenwechsel.
Zitat: "... nach unserem Atemschutzeinsatz beim Wohnungsbrand ... Gerätschaften an unserem Fahrzeug LF 8/6 abgelegt und waren dabei, die Druckflaschen zu wechseln ... legten die Geräte neben dem Fahrzeug, auf dem Gehweg der Fahrerseite ab. Ich schraubte die „leer geatmete“ Flasche vom Gerät, stellte sie stehend mit Ventil nach oben in den Geräteauszug vom Löschfahrzeug (Geräteraum 1, Fahrerseite). Dort entnahm ich dann eine volle Flasche (selbe Lagerung – stehend und gesichert durch Aufnahmeclip am Flaschenhals und Gummizug) und trug sie mit der linken Hand am Ventil hängend zum am Boden befindlichen Atemschutzgerät (Strecke etwa 1,5-2m). Aus der Hocke heraus legte ich die Flasche von der Geräteoberseite nach unten in Richtung Druckminderer mit dem Flaschenventil voraus in das Gerät. Ohne dass die Flasche bei der Fahrzeugentnahme und dem Einlegen in das Gerät Belastungen oberhalb der normalen Benutzung ausgesetzt war (Kein Sturz, fallen lassen etc.), tat es plötzlich einen Schlag und die Flasche blies unter großem Lärm ab. Die Flasche löste sich sofort aus dem Gerät (war noch nicht angeschraubt) und schlug an der etwa 1m entfernten Grundstücksmauer ein (siehe Bildnachweise) und bewegte sich dann kreisend unter andauerndem und extrem starken Ausblasen vom Gehweg zwischen die beiden Achsen des abgestellten Fahrzeuges. Die Flasche fiel dabei den etwa 15cm hohen Bordstein herunter und verharrte an dieser Stelle weiter kreisend unter dem Fahrzeug bis der Druck abgelassen war. Dauer Druckverlust etwa 5-10 Sekunden. ... Das Ventil fand ich selbst auf der gegenüberliegenden Straßenseite, am rechten Fahrbahnrand in unmittelbarer Nähe zum Bordstein. Das Ventilrad (Gummi) befand sich stark beschädigt in Flaschennähe. Ich glaube es war noch auf dem Gehweg oder vielleicht auch schon auf der Fahrbahn aber sicher nahe der Bordsteinkante. Die Flasche, das Ventil und das Handrad wurden sichergestellt und in die Atemschutzwerkstatt der FF Herrsching verbracht. Es entstand weder Personen- noch Sachschaden ausgenommen der Druckflasche."
Die Feuerwehr Herrsching hat den Zwischenfall vorbildlich mit zahlreichen Bildern dokumentiert. Eine kleine Auswahl der Bilder finden Sie hier:
Quelle: Feuerwehr Herrsching, Leiter Atemschutz, Martin Wastian
Vorfall 6
(bl) Waltrop (NRW). 4. Februar 2010. Nach Einsatzgebrauch musste zur Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft des betreffenden Atemschutzgerätes eine Trägerplatte mit einer neu gefüllten Composite-Flasche bestückt werden. Bei der vom diensthabenden Atemschutzgerätewart ausgeführten Tätigkeit die gefüllte und einsatzbereite Composite-Flasche an das dazugehörige Trägersystem anzuschließen, riss das komplette Flaschenventil plötzlich ohne jegliche Fremdeinwirkung circa fünf Millimeter oberhalb des Flaschenhalses ab. Durch die unter einem Druck von p = 300 bar befindliche und nunmehr ausströmende Atemluft, wurden das Flaschenventil sowie die Carbonflasche aufgrund wirkende Wechselwirkungskräfte explosionsartig durch die Atemschutzwerkstatt geschleudert. Hierdurch entstand ein erheblicher baulicher und technischer Sachschaden an der Inneneinrichtung der jüngst modernisierten Atemschutzwerkstatt der Feuer- und Rettungswache Waltrop. Nur durch die sofortige Flucht in den an die Atemschutzwerkstatt unmittelbar angrenzenden Kompressorraum wurden die Mitarbeiter der Feuerwehr Waltrop, die sich zum Zeitpunkt des Unfalls in der Atemschutzwerkstatt aufgehalten haben, physisch nicht verletzt.
Die Feuerwehr Waltrop hat die Flasche zur unabhängigen Untersuchung eingereicht und den Unfall vorbildlich dokumentiert: Unfallbericht. Ob ein Zusammenhang zu den Vorfällen mit Composite-Flaschen in Genf und Toulon (wir berichteten) besteht ist noch nicht geklärt.
Quelle: Leiter der Feuerwehr Waltrop, Stadtbrandinspektor Oliver Wegner
Vorfall 5
(bl) Salzgitter (Niedersachsen). Während eines Füllvorganges einer Atemluft-Druckgasflasche, beim Nachdrücken auf 300 bar, ist ein Ventil direkt am Flaschenhals schlagartig abgerissen. Zu diesem Zeitpunkt haben sich drei Kollegen in der Atemschutzwerkstatt befunden. Verletzt wurde niemand. Durch die umherfliegende Flasche entstand Sachschaden am Prüfstand sowie an Teilen des Mobiliars und den Wänden. Die Flasche hat auf einem Transportwagen gelegen und war an die Befüllungsanlage angeschlossen und unter Druck gesetzt. Etwa 15 sec. nach Öffnen der Ventile ist bei der Flasche das Ventil abgerissen. Die Flasche wurde im Dezember 2007 TÜV-geprüft. Das Ventil wurde in diesem Zusammenhang in die Flasche durch die Prüffirma neu eingebaut. Nachforschungen haben ergeben, dass ein Kamerad im Einsatz mit der betroffenen Flasche im PA gestürzt war, jedoch keine Meldung gemacht hatte.
Konsequenzen
Flaschen werden in der Atemschutzwerkstatt ab sofort nur noch gesichert, stehend im Transportwagen befüllt, damit die Flaschen in einem Ereignis-Fall nicht umherfliegen können. Erneute Belehrung aller AGT, auch kleinere Unregelmäßigkeiten zu melden und die Geräte zu Kennzeichnen.
Quelle: BOR Arne Sicks, Feuerwehr Salzgitter, An der Feuerwache 3, 38226 Salzgitter, Tel. +49 5341/837-2810
Vorfall 4
12. Juni 2006. Illingen (BW). Im Anschluss an eine Übung sollte im Feuerwehrhaus Schützingen ein PA mit einer gefüllten Atemluftflasche aus Stahl bestückt werden. Ein Feuerwehrangehöriger begann mit der Bestückung des PA und legte die gefüllte Flasche auf den PA. Er unterbrach diese Tätigkeit und ließ den PA auf einem Rollwagen liegen. Ein weiterer Feuerwehrangehöriger kam hinzu und wollte eine Einsatzkurzprüfung durchführen. Die Tatsache, dass die Flasche nur lose auf dem Gerät lag, hat er offensichtlich nicht wahrgenommen. Im Moment des Öffnens stellte sich die Flasche auf und stürzte zu Boden. Anhand der dort festgestellten Abriebspuren des Ventilrades muss man davon ausgehen, dass sich dort das Ventil weiter geöffnet hat. Die Flasche stieg daraufhin entlang der Gebäudewand senkrecht hoch und durchschlug dort die Verglasung des geöffneten Sektionaltors und beschädigte das Hallendach. Danach stürzte sie wieder zu Boden und bewegte sich aus der Fahrzeughalle in den Hof, wo sie sich vollends entleerte.
Das Flaschenventil wurde dabei beschädigt, u. a. wurde das Handrad abgerissen. Die Flasche wurde der Atemschutzwerkstatt zum Tausch des Ventils und zur TÜV-Prüfung übergeben. Glücklicherweise wurde niemand verletzt, und es gab, außer dem Tor und der Deckenverkleidung, keine weitere Schäden am Gebäude und an den Fahrzeugen.
Originalzitat eines Beteiligten: „Wenn man die Situation miterlebt und die enorme Gewalt einer geöffneten Druckflasche erlebt hat, kann man eigentlich nur froh sein, dass kein Feuerwehrangehöriger verletzt wurde!
“
Atemluftflaschen können auch bei nur geöffnetem und nicht abgerissenem Ventil hohe Anfangsbeschleunigungen erreichen und zu heftigen Beschädigungen führen. Kurzfristige Konsequenz wird eine noch intensivere Ausbildung und Sicherheitsunterweisung im Umgang mit dem Atemschutzgerät sein, speziell zur Thematik: Bestückung und Kurzprüfung.
Quelle: Volker Schmidt, Leiter der Feuerwehr Illingen
Vorfall 3
21.01.2003. Florida (USA). Bei einem Flaschenwechsel auf einer Ladefläche öffnete sich durch Unachtsamkeit (Handytelefonat) das Flaschenventil einer Atemluftflasche (Fa. Scott). Der FA erschrak und ließ die Flasche zu Boden fallen. Die Flasche schoss kreiselnd über den Boden (ca. 20 m über eine freie Fläche) und verfehlte nur knapp einen anderen Kollegen...
Quelle: Björn Lüssenheide (Augenzeuge)
Vorfall 2
06.12.2001. Warburg (NRW). Während eines Flaschenwechsels spielte sich folgender Vorfall ab: "Ich wollte in den Pressluftatmer PA 80, Fabrikat Dräger, eine gefüllte 300 bar / 6l Atemluftflasche einbauen. Ich habe die Atemluftflasche auf das Tragegestell gelegt und wollte diese am Druckminderer anschrauben. In diesem Moment fing die Atemluftflasche an zu zischen und flog mir daraufhin aus der Hand. Die Flasche prallte zunächst gegen die Werkbank an der Fensterfront der Atemschutzwerkstatt, dann zurück an die Vorderkante des Arbeitstisches an dem ich stand und dann in den angrenzenden Nebenraum (Wasch- und Trocknungsraum für CSA). Dort prallte die Atemluftflasche gegen das Edelstahlwaschbecken und dann gegen die Bodenaufkantung des Trockenbereiches.
"
Beide Kollegen blieben bei dem Ereignis unverletzt.
Quelle: Feuerwehr Warburg
Vorfall 1
2001 in NRW. Atemluftflasche (6 l / 300 bar), Herstellungsjahr 1990. Eigenrotation einer Atemluftflasche verursachte Sach- und Personenschaden. Der Feuerwehr-Unfallkasse Nordrhein-Westfalen wurde ein Unfall angezeigt, bei dem mehrere Feuerwehrangehörige im Zusammenhang bei der Handhabung von Atemluftflaschen der Befüllung von Atemluftflaschen (6 l / 300 bar) verletzt wurden. Nach dem Befüllen einer Atemluftflasche (6 l / 300 bar) sollte diese an den Pressluftatmer angeschraubt werden. Dabei kam es zu einer plötzlichen Entleerung der Atemluftflasche. Diese flog unkontrolliert durch den Raum und verletzte dabei mehrere Feuerwehrangehörige. Das Ventil der Atemluftflasche war am Flaschenhals abgerissen. Als Unfallursache konnte ein Materialfehler nicht ausgeschlossen werden. Das zur Aufklärung von der Feuerwehr-Unfallkasse Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegebene Gutachten kommt insoweit jedoch zu folgenden Ergebnissen:
- Für den Ventilabriss waren eindeutig keine Materialfehler sondern mechanische, im Zusammenhang mit dem Unfall stehende Einwirkungen von außen verantwortlich.
- Das untersuchte Ventil bricht bauartbedingt bereits bei einer Schlagenergie von weniger als 80 Joule.
Nach unseren Auswertungen aller nun vorliegenden Erkenntnisse wurde der Unfall somit dadurch verursacht, dass sich das Ventil soweit öffnen konnte, dass durch die einsetzende Eigenbewegung die Kontrolle über die Atemluftflasche verloren ging. Das Ventil brach anschließend durch den Aufprall auf ein Hindernis ab. Weitere Versuche haben zudem gezeigt, dass die ungewollte Öffnung des Ventils durch eine Eigenrotation der Atemluftflasche bedingt sein kann, wenn die Atemluftflasche beim Einbau am Ventil gehalten wird. Wegen des größeren Durchmessers der Atemluftflaschen (6 l / 300 bar) neigen diese eher zu einer entsprechenden Rotationsbewegung als Atemluftflaschen (4l / 200 bar). Im Zusammenhang mit diesen Ergebnissen gibt die Feuerwehr-Unfallkasse folgende Hinweise:
- Im Umgang mit Atemluftflaschen sind die Herstelleranweisungen zu beachten. Insbesondere beim Anschrauben der Pressluftatmer an Atemluftflaschen (6l / 300 bar) ist mit besonderer Sorgfalt vorzugehen.
- Die Empfehlung des vfdb-Referates 8 aus dem Jahr 1996, Flaschenventile der hier untersuchten Art gegen solche auszutauschen, die einer Schlagenergie von mehr als 120 Joule aushalten, ist nach wie vor aktuell.
Quelle:
Stephan Burkhardt: +49 211 977989-11
Martin Bach: +49 251 219-4601 04/2002
© Feuerwehr-Unfallkasse Nordrhein-Westfalen
http://www.feuerwehrmann.de/informationen/LFVInfo/FUK/LFV-Info-FUK-Atemluftflaschen.asp
Hinweis:
Beachten Sie bitte auch die Rubriken Ausbildung - Umgang mit der Technik - Druckluftflaschen und Ausrüstung - Flaschenventile.