Beinaheunfälle im Jahr 2021
(2 Zwischenfälle)
Hinweis: in der Statistik sind auch Unfälle enthalten die bisher nicht veröffentlicht wurden. Daher kann es vorkommen, dass die Gesamtzahl der betroffenen FA die Summe der in den Berichten erwähnten übersteigt.
(bl) Zeulenroda-Triebes (Thüringen). Am 08.02.2021 kam es zu einem Brand in Zeulenroda-Triebes, Ortslage Pöllwitz. Das Verwaltungsgebäude eines Kleinbetriebs brannte. An diesem Abend gab es leichten bis starken Schneefall und die Temperatur lag bei -12°C. Das Gebäude war ein eingeschossiger Flachbau aus DDR Zeiten, dessen Dach mit Wellasbestplatten eingedeckt war. Die Dachkonstruktion bestand aus Nagelbindern und die Dachdämmung wurde mit Dämmwolle durchgeführt.
Durch die Leitstelle Gera wurden um 21:33 Uhr die Feuerwehren aus Pöllwitz und die Stützpunktfeuerwehr Zeulenroda mit dem Alarmstichwort: Brand / starke Rauchentwicklung / ohne Person / Werkstatt / Garage alarmiert. Die FF Pöllwitz traf 21:42 Uhr an der Einsatzstelle ein und bestätigte die gemeldete Lage. 21:43 Uhr wurde die FF Langenwolschendorf zur Unterstützung und Aufbau einer langen Wegstrecke nachalarmiert. Dies war erforderlich, da die Wasserversorgung über das Hydrantennetz nicht ausreichend ist. Beim Eintreffen der FF Zeulenroda stand der vordere Teil des Gebäudes bereits im Vollbrand.
21:47 Uhr begann der erste Atemschutztrupp mit der Brandbekämpfung im Innenangriff, dieser Trupp ging durch den seitlichen Haupteingang vor. 21:49 Uhr wurde auf Grund benötigter Atemschutzträger die FF Bernsgrün nachgefordert. 21:50 Uhr startete ein zweiter Atemschutztrupp durch die Tür am vorderen Giebel mit dem Innenangriff und drang ca. drei Meter in den Raum vor. Die Sichtverhältnisse waren gut. Im Raum standen fast alle brennbaren Gegenstände, besonders die Deckenverkleidung, in einem glühenden Zustand. Durch die Löscharbeiten flogen nach jedem Wassereintrag viele glühende Teile von der Decke durch den Raum. Zudem gab es Anzeichen, dass der Giebel oder das Dach einstürzen könnte. Der Trupp entschloss sich zum Rückzug und nahm die Brandbekämpfung im Außenangriff auf. Ein weiterer Atemschutztrupp versuchte unterdessen die Wellasbestplatten vom Dach zu entfernen, damit die Brandbekämpfung über die DLK im Außenangriff vorgenommen werden konnte. Da die eigene DLK auf der Anfahrt aufgrund eines technischen Defektes ausfiel, wurde die benachbarte DLK aus dem sächsischen Pausa angefordert.
Um 22:00 Uhr hörte der Truppmann vom zweiten Atemschutztrupp, der sich zu diesem Zeitpunkt im Außenangriff befand, ein starkes Abströmen von Luft. Der Truppmann und ein weiterer Kamerad sahen beim Truppführer glühende Teile zwischen Rückenplatte und Pressluftflasche. Beide begannen sofort mit dem Entfernen der Teile. Nach Untersuchung der brennbaren Teile wurde festgestellt, dass es sich um Dämmwolle aus der Dachdämmung handelte. Durch die starke Hitze schmolz die Ummantelung der Singleline am PA und es kam zum unkontrollierten Luftabströmen. Ein Teil der Rückenplatte, das Rückenschild der Schutzjacke und der Flaschenbezug der CFK–Flasche wurden ebenfalls beschädigt.
Da sich der Trupp zum Zeitpunkt des Zwischenfalls im Außenbereich befand und durch das schnelle Handeln der Kameraden, konnte Weiteres verhindert werden. Die Schutzjacke (Oberstoff: PBI) hielt der Hitzeeinwirkung stand, so dass der Kamerad keine Verletzungen erlitten hat.
23:10 Uhr wurde durch einen Radlader der Giebel zum Einstürzen gebracht, um besser an den Brandherd im Dach zukommen.
00:30 Uhr war das Feuer endgültig gelöscht.
Quelle: Feuerwehr Zeulenroda-Triebes
Hinweis von Dr. Hagebölling, Vorsitzender im Referat 8 - Atemschutz in
der vfdb:
Im Rahmen der Revision der EN 137 - Atemschutzgeräte hat sich die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V. bereits dafür eingesetzt, dass die thermische und chemische Prüfung von Atemschutzgeräten auch in Bezug auf einzelne Komponenten berücksichtigt wird. Meldungen wie hier aus Zeulenroda-Triebes untermauern die Wichtigkeit dieser Forderung und sorgen für eine praxisnahe Normungsarbeit.
Bilder:
(jk) Zürich (Schweiz). Am 23. September 2021 fanden an der Höheren Fachschule für Rettungsberufe (HFRB) in Zürich die Modulprüfungen des Berufsfeuerwehrlehrgangs statt. Dabei kam es im Feststoffbrandhaus zu einem Beinaheunfall, als ein Fass barst. Die Fachverantwortlichen haben daraufhin den Fall konsequent aufgearbeitet und neue Massnahmen eingeführt.
Jeweils im September beenden die angehenden Berufsfeuerwehrleute den letzten Schulblock an der HFRB. Experten prüfen dann an zwei Tagen die Auszubildenden und bereiten sie so auf die eidgenössische Berufsprüfung im Folgejahr vor. Einer der Prüfungsposten befindet sich im Realbrandhaus.
Ein Szenario, das die Experten seit vielen Jahren als Bühnenbild nutzen, ist der Kellerbrand mit zwei Brandherden. Die Trupps müssen dabei über die Aussentreppe in den ersten Stock und von dort via Innentreppe in das Erdgeschoss vorrücken.
Lauter Knall aus dem Innern
An den Prüfungen im September 2021 meisterten mehrere Trupps diese Situation problemlos. Am späteren Nachmittag machte sich der letzte Trupp zum Einsatz bereit. Zu dritt rückten die Auszubildenden unter Atemschutz wie vorgesehen ins Erdgeschoss vor und fanden dort eine Rettungspuppe im Treppenhaus. Sie verliessen das Brandhaus mit der Puppe und übergaben die «Patientin» dem Einsatzleiter, als plötzlich aus dem Haus ein lauter Knall zu hören war. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich zwei Ausbilder im Gebäude – einer im Treppenhaus, der andere im simulierten Keller vor der Türe zum Brandraum.
Grosse Hitze über längere Zeit führte zum Bersten eines Fasses
Bei der anschliessenden Kontrolle des Brandraums entdeckten die Ausbilder ein geborstenes Fass. Dieses hatte bereits den ganzen Tag über als Requisite gedient, um den Trupps den Zugang zum Brandherd zu erschweren. Keiner der beteiligten Ausbilder konnte sich daran erinnern, dass das Fass vor dem Ereignis eine auffällige Verformung aufwies, die auf einen Druckaufbau im Inneren hingedeutet hätte.
Da das Fass auch bereits bei früheren Übungen als Requisite gedient hatte, konnten die Verantwortlichen den ursprünglichen Inhalt nicht mehr eruieren. Da es aber erst nach einer relativ langen Aufheizzeit barst, gehen die Experten davon aus, dass der Inhalt nicht entzündlich war. Sehr wahrscheinlich ist, dass es sich um eine wässrige Lösung handelte, die sich durch die grosse Hitzeeinwirkung über einen längeren Zeitraum soweit ausdehnte, dass das Fass barst.
Lehren aus dem Vorfall
Nach dem Vorfall kontrollierten die Verantwortlichen als Sofortmassnahme sämtliche Requisiten, die hinter dem Brandhaus gelagert werden. Dabei legten sie das Augenmerk insbesondere auf weitere Fässer und stellten sicher, dass in alle Fässer Löcher gebohrt werden, damit kein Druck mehr aufgebaut werden kann.
Änderung im Benutzungsreglement und neuer Requisitenplatz
Weitere Abklärungen ergaben, dass das Benutzungsreglement keine Angaben zum Einsatz von Requisiten im Brandhaus enthält. Die Verantwortlichen stuften dies als Sicherheitsrisiko ein, da auch externe Feuerwehren das Brandhaus mieten können. Zwar ist in solchen Fällen ein Anlagenbetreuer von Schutz & Rettung Zürich (SRZ) vor Ort, dieser ist jedoch nur für das Beladen der Brandstellen zuständig. Somit findet keine Kontrolle über den Einsatz von Requisiten statt.
An dieser Stelle setzen die Massnahmen an. Das revidierte Benutzungsreglement untersagt das Einsetzen von mitgebrachten Bühnenmaterialien. Gleichzeitig hat die zuständige Abteilung der Logistik einen klar definierten Platz mit einem Hinweisschild für die Brandhausrequisiten erstellt. Alle Brandhausbenutzer dürfen die dort gelagerten Gegenstände nach Belieben einsetzen.
CIRS – bewährte Erfassung von Unfällen und Beinaheunfällen
Dieser Beinaheunfall passierte zufälligerweise genau zu dem Zeitpunkt, als SRZ die systematische Erfassung von Unfällen im Zusammenhang mit Atemschutz einführte. Das dabei eingesetzte Critical Incident Reporting System (CIRS) bewährte sich in diesem Fall, da es eine zentrale Datensammlung mit hohem Datenschutzstandard ermöglicht. Ausserdem konnten die Verantwortlichen die erkannten Verbesserungsmassnahmen zentral erfassen, zuweisen und überwachen.
Bilder: Höhere Fachschule für Rettungsberufe