Beinaheunfälle im Jahr 2016

(6 Zwischenfälle)

Hinweis: in der Statistik sind auch Unfälle enthalten die bisher nicht veröffentlicht wurden. Daher kann es vorkommen, dass die Gesamtzahl der betroffenen FA die Summe der in den Berichten erwähnten übersteigt.


- Gebäudebrand - plötzliche Brandausbreitung - Selbstrettung über Anleiterbereitschaft

(bl) Langen (Hessen). Am frühen Mittwochmorgen kam es zu einem Brand in einem Wohngebäude. Mit dem Eintreffen des ersten Löschfahrzeuges, zehn Minuten nach der Alarmierung, drang Brandrauch aus mehreren Fenstern des ersten Obergeschosses. Personen waren zu diesem Zeitpunkt keine mehr in dem Gebäude. Die Einsatzkräfte leiteten unverzüglich die Brandbekämpfung ein. Der Brandrauch hatte sich bereits vom Erdgeschoss bis in das Dachgeschoss ausgebreitet. Aufgrund des fortgeschrittenen Brandverlaufs und der massiven Verrauchung über alle Geschosse erwies sich die Brandbekämpfung in dem komplexen Wohngebäude als schwierig.

Während der Vornahme des ersten Strahlrohres musste sich ein Atemschutztrupp über eine der drei Anleiterbereitschaften aus dem ersten Obergeschoss ins Freie retten. Grund hierfür war die plötzliche Brandausbreitung über mehrere Räume. Beide Feuerwehrangehörigen blieben aufgrund der hochwertigen Schutzkleidung und der Möglichkeit der unverzüglichen Selbstrettung unverletzt.

Quelle: Feuerwehr Langen

Bildergalerie:

Lage beim Eintreffen Brandausbreitung Selbstrettung über Steckleiter Selbstrettung über Steckleiter ...insgesamt waren mehr als 20 Atemschutztrupps im Einsatz

- Gebäudebrand - Plötzliche Brandausbreitung

(ih) Eppstein (Hessen). In der Nacht vom 10. auf den 11.03.2016 kam es in der Eppsteiner Altstadt zu einem Brand in einem Fachwerkhaus. Nach der Brandbekämpfung wurden Nachlöscharbeiten durchgeführt. Bei diesen Arbeiten kam es im 1. OG plötzlich zu einer massiven Durchzündung über mehrere Räume. Dabei fielen große Teile der Deckenverkleidung herunter und beschädigten die eingesetzte C-Leitung - hierdurch hatte der eingesetzte Trupp nicht mehr die notwendige Wassermenge am Strahlrohr um die Lage in den Griff zu bekommen. Da der Angriffsweg über den Treppenraum durch die massive Flammeneinwirkung versperrt war, machte sich der Trupp an den Fenstern zur Straße bemerkbar. Über eine bereitstehende Anleiterbereitschaft wäre ein sofortiges Verlassen des Gebäudes möglich gewesen. Man entschied sich bewusst, mit einer neuen Schlauchleitung eine Brandbekämpfung zu versuchen. Der Treppenraum konnte wieder vom Feuer befreit werden. Beim Betreten der oberen Geschosse wurde ein massives Ausgasen festgestellt und frühzeitig als Gefahr erkannt, weshalb das Gebäude verlassen werden konnte, bevor es zu weiteren Durchzündungen kam.

Quelle: Feuerwehr Stadt Eppstein (Stadtbrandinspektor und eingesetzter Trupp) 

- Übung - Luftnot - beschädigter Mitteldruckschlauch

Situation am Prüfgerät Dräger-Testor, bei der die Luftzuführung durch den Schlauch bereits komplett verhindert wird!(bl) Düsseldorf (NRW). In der Grundausbildung kam es mit einem Übungsgerät der Feuerwehrschule Düsseldorf zu einem Ausfall. Die reinen Übungsgeräte (zur Gewöhnung und Belastungsübung) unterliegen nach Gefährdungsbeurteilung anderen Prüfbedingungen, wie die Standard- oder erst recht Realbrand-Ausbildungs-PA, da Übungsgeräte grundsätzlich nur in ungefährlicher Umgebung/Atmosphäre genutzt werden.

Das Gerät wurde sichergestellt und in der Atemschutzwerkstatt intensiv untersucht, dabei wurde folgendes festgestellt:

Die weitere visuelle Begutachtung der Atemschutzmaske, des Grundgerätes sowie des Lungenautomaten (incl. Kipphebeleinstellung) brachte keine weiteren Hinweise auf eine mögliche Fehlfunktion des Lungenautomaten oder der anderen Komponenten. Anschließend wurde das Grundgerät, der Lungenautomat und die entsprechende Atemschutzmaske an einem Dräger-Prüfgerät (Testor) einer statischen Prüfung unterzogen und dabei keine Auffälligkeiten festgestellt. Alle ermittelten Prüfwerte entsprachen den vom Hersteller vorgegebenen Werten. Außerdem wurde der komplette Pressluftatmer noch einmal an einem weiteren Dräger-Prüfgerät (Quaestor) einer max. dynamischen Veratmung mit einem AMV von 100 l/min unterzogen. Diese Prüfung ist sehr aussagekräftig bzgl. der "Leistungsfähigkeit" (Luftlieferleistung über den gesamten Arbeitsbereich) eines Druckminderers. Aber auch hier entsprachen die ermittelten Prüfwerte den Herstellervorgaben.

Wie aus den Fotos zu erkennen ist, weist der Mitteldruckschlauch des Lungenautomaten an seinem unteren Ende (Kupplungsteil) eine Beschädigung durch vorheriges Knicken des Schlauches auf. Hierbei ist die innere Armierung des Schlauches beschädigt worden, die zu einer dauerhaften Verformung des Schlauches an dieser Stelle führt. Wie man vielleicht aus Foto 0103 erkennen kann, ist es leicht möglich, den Schlauch mit relativ geringer Krafteinwirkung immer wieder an der vorgeschädigten Stelle zu knicken. Das Foto 0102 zeigt die Situation am Prüfgerät Dräger-Testor, bei der die Luftzuführung durch den Schlauch bereits komplett verhindert wird!

Beschädigung durch vorheriges Knicken des Schlauches auf Es ist leicht möglich, den Schlauch mit relativ geringer Krafteinwirkung immer wieder an der vorgeschädigten Stelle zu knicken

Als mögliche Ursachen für die Beschädigung kommen für die Feuerwehr Düsseldorf in Frage:

Aus Sicht der Feuerwehr Düsseldorf ist es durchaus möglich, dass sich der Geräteträger im Übungsbetrieb den vorgeschädigten Lungenautomaten-Schlauch abgeklemmt hat und hierdurch die Luftversorgung kurzfristig unterbrochen wurde.

Anm. der Redaktion: Ähnliche Vorfälle haben wir hier veröffentlicht.

Quelle: Landeshauptstadt Düsseldorf - Amt 37/4 - Dr. Ulrich Cimolino, Abteilungsleiter Technik

- Zugedrehtes Flaschenventil in Übungsstrecke

(ih) Harburg (Niedersachsen). Beim Durchgang durch die DIN-Übungsstrecke der Freiwilligen Feuerwehr im LK Harburg bekam ein Atemschutzgeräteträger nach kurzen Pfeifsignal plötzlich keine Atemluft mehr. Der drillmäßig trainierte Reflexgriff an das Flaschenventil zeigte, dass sich das Ventil während der Übung zugedreht hatte. Das Öffnen das Ventils behob das Problem.

Dieser Vorfall ereignete sich kurz vor dem Verlassen der Übungsstrecke im Bereich der eingebauten Industriestrecke. 

Quelle: Lars Seeger (ls)

Anmerkung: Ähnliche Vorfälle werden uns seit Jahren gemeldet und stellen ein gefährliches Problem dar. Leider durften wir nur die Spitze des Eisbergs veröffentlichen. Jedem Atemschutzgeräteträger muss dieses Risiko bewusst sein. Neben einem drillmäßigen Training sollte die Atemschutztechnik sorgsam beschafft werden. Seit 2002 weisen wir und auch die DEKRA-Exam auf die Probleme hin: Versehentliches Schließen von Flaschenventilen

- Gebäudebrand - Explosion

(as) Spokane County (USA). Beim Eintreffen der ersten Kräfte drang Rauch aus dem Dachgeschoss, laut Aussagen eines Anwohner sollte das Feuer jedoch im Kellerbereich ausgebrochen sein. Als mehrere Trupps bereits im Innenangriff vorgingen, kam es zu einer Explosion im Inneren des Gebäudes. Daraufhin wurde umgehend die Evakuierung des Gebäudes befohlen, alle Kräfte konnten innerhalb von 10 Sekunden ins Freie gelangen. Danach wurde das Feuer nur noch von Außen bekämpft. Allerdings konnte der Außenangriff die Flammen nicht erfolgreich bekämpfen, das Haus brannte nieder.

Quelle: Firehouse.com

- Tunnelbrand - 5 Atemschutzträger zur Kontrolle ins Krankenhaus

(gz) Gleinalmtunnel (Österreich). Am Donnerstag, den 04.08.2016 wurden mehrere Feuerwehren aus den Bezirken Graz-Umgebung und Leoben laut Alarmplan zu den beiden Portalen des Gleinalmtunnel auf die A9 gerufen. In dem 8320m langen Tunnel brannte ein, zu einem Campingmobil umgebauter Autobus. Die alarmierten Tunnel-Basiseinheiten "Nord" (Portal St. Michael) und "Süd" (Übelbach) fanden einen im Vollbrand stehenden Autobus in der Tunnelnische vor. Mehrere Atemschutztrupps mit Sauerstoffkreislaufgeräten Typ BG4 und Langzeit-Pressluftatmern "Twinpack 2*300bar" bekämpften den Brand mit C-Rohren und Schaumrohren. Auf Grund der Hitze mussten sich am Nordportal 5 Kameraden zurückziehen. Sie wurden von der Notärztin zur weiteren Kontrolle ins LKH Leoben transportiert, konnten das Spital aber nach kurzer Untersuchung wieder verlassen.

Am Südportal war Atemschutzunfaelle.eu-Teammitglied Gernot Zierler Teil eines BG4-Angriffstrupps. Hätte er nicht auf die Zeichen seines Körpers reagiert, wäre vermutlich ein Hitzekollaps die Folge gewesen.

Seine rein privaten Gedanken zu den Abläufen im Tunneleinsatz können Sie hier lesen: pdf-Datei.

Quelle: Gernot Zierler, Atemschutzunfaelle.eu