- Brand - Absturz - ein verletzter FA

(bl) Leer (Niedersachsen). Durch Kurzschluss kam es in einem Bürogebäude (Baujahr 1998) zu einem Brand im Empfangsbereich im Treppenhaus. Mehrere brennende Elektrogeräte und der Empfangstresen sorgten für eine vollständige Verqualmung des gesamten Gebäudes, da alle Zwischentüren aufgestellt waren. Das Gebäude verfügt weder über eine Brandmeldeanlage, noch über Feuerwehrpläne. Eine im Treppenhaus installierte Rauch- und Wärmeabzugsanlage hat nicht funktioniert. Bedingt durch die Lage in einem Gewerbegebiet und die Zeit des Brandausbruchs (Neujahr-Mittagszeit) wurde der Brand erst sehr spät durch einen Passanten entdeckt.

Ein Trupp erreichte über die DLK 23/12 einen Balkon im 2.OG. Am Balkon befanden sich acht große Terrassentüren. Zu diesem Zeitpunkt war nicht bekannt, dass sich der Brandherd im Erdgeschoß befand. Ein Blick ins Gebäudeinnere war nicht möglich, da die Scheiben durch Ruß geschwärzt waren. Durch Hitzeeinwirkung begannen die Scheiben von Innen zu platzen. Die zweite Flügeltür ließ sich von Hand aufdrücken. Große Mengen Rauch quollen sofort aus der Öffnung. Der Trupp wollte kriechend in das Gebäude vorgehen um die Lage weiter zu erkunden. Nach ca. 20cm griff der Truppführer ins Leere und stürzte im Treppenhaus ca. 3m tief ab. Durch den Sturz zog er sich einen stabilen Bruch des 2. Lendenwirbels zu. Erst nach 10 Wochen war die Genesung soweit fortgeschritten, dass die Arbeit wieder aufgenommen werden konnte.

Später stellte sich heraus, dass es sich bei der Flügeltür um einen Teil der RWA handelte. Diese hätte sich selbsttätig öffnen sollen, war 1998 aber falsch installiert worden. Außen befand sich weder eine Kennzeichnung, noch ein Schutzgeländer. Innen war das offene Treppenhaus hinter dem Fenster.

Konsequenzen

Die Feuerwehr fordert als Folge des Unfalls von der Stadtverwaltung, alle Atemschutzgeräte mit Notsignalgebern auszurüsten. Die bisherige truppweise Ausrüstung hatte zur Folge, dass der verunfallte Truppführer keinen Notsignalgeber hatte.

Quelle: FF Leer

Unfallanalyse durch Atemschutzunfaelle.de

(bl) Atemschutzunfaelle.de führt auf Wunsch grobe Fernunfallanalysen durch, Hintergründe und nähere Informationen finden sie in der Rubrik Unfallanalyse . Nachdem wir im September 2004 eine Analyse für den o. g. Unfall durchführten, konnten im April 2006 Auszüge veröffentlicht werden:

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Aus der Entfernung ist es uns natürlich nicht erlaubt, ein endgültiges Urteil zur Unfallursache auszusprechen. Wir können jedoch, verglichen mit anderen ähnlichen Beinaheunfällen und Unfällen, folgende Aussagen treffen:

Allgemeine Hinweise zum Vorgehen unter Nullsicht: Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Mitnahme einer „Armverlängerung“ (z. B. Axt) die Suche bei Nullsicht wesentlich verbessert.  U. a. konnte in Hamburg ein vorgehender Kollege einen Fahrstuhlschacht rechtzeitig mit einem Axtstil lokalisieren, ein Absturz konnte so verhindert werden. Ergänzend verweisen wir in diesem Zusammenhang auf die sinnvolle Kombination von Schlag- und Brechwerkzeug (z. B. Axt und Halligan). In der Praxis kann z. B. nach der Türöffnung (sofern nötig) das Halligan im Eingangsbereich liegen bleiben, die Axt zur Suche mitgenommen werden und wertvolle Dienste leisten. Alternativ zur Vorgehensweise mit „Armverlängerung“ kann ein Seitenkriechgang angewendet werden. Hierzu wird ein Bein vorgestreckt, der Schwerpunkt liegt daher weit hinten. Im Vierfüßlerstand liegt der Schwerpunkt vorne und ein Absturz kann nur schwer bzw. gar nicht verhindert werden.

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Anpassung der Ausrüstung: Ihr Unfall hat einmal mehr gezeigt, dass Notsignalgeber, Lampe und Sprechfunkgerät für jedes Truppmitglied mehr als sinnvoll sind. Ein abgestürztes oder verschüttetes Opfer kann sich unter Umständen nicht bemerkbar machen bzw. der unversehrte Kollege kann keinen Notruf absetzen. Jeder Truppführer muss im Atemschutzeinsatz (Innenangriff etc.) ein Sprechfunkgerät haben, diese Forderung ist lt. FwDV7, Pkt. 7.2 absolute Pflicht. Zudem sollte jeder Truppmann ein zweites Sprechfunkgerät mitführen. Dieses kann auch ausgeschaltet in der Jackentasche bleiben (V. a. Funkdisziplin, Rückkopplung…). Bei einem Notfall oder auch bei einem gar nicht so seltenen Gerätedefekt (Akkufehler, Kanalverstellung…) kann dieses Gerät eingesetzt werden. Die Ausstattung jeder unter Atemschutz eingesetzten Einsatzkraft mit einem Notsignalgeber ist in der aktuell gültigen FwDV7 (Pkt. 7.5) empfohlen. Eine truppweise Ausstattung ist demnach nur als Übergangslösung anzusehen. Die Forderung nach Notsignalgebern ist leider nur eine Empfehlung und noch keine zwingende Forderung, da die technische Ausstattung kurzfristig nicht bundesweit umsetzbar ist. Wir gehen davon aus, dass in der nächsten Fassung der FwDV7 auch diese Forderung zur Pflicht wird.